Reagieren
mit Empathie
Pauls Arbeit verschafft ihm finanzielle Unabhängigkeit und stärkt sein Selbstbewusstsein. Lucys tägliche Angriffe können sein Selbstwertgefühl untergraben, während ihm die Arbeit ein Gefühl von Zufriedenheit und Selbstwert gibt. Für Paul kann der Gang ins Büro vorübergehende Erleichterung bedeuten und es ist für ihn ein sichererer Ort. Ein Ort, an dem er Informationen über häusliche Gewalt und fachliche Unterstützung erhalten kann, ohne dass Lucy dies kontrollieren kann. Wenn Lucy seine sozialen Kontakte zu Freunden und Familie eingeschränkt hat, fühlt er sich möglicherweise einsam, und seine Kolleg:innen sind vielleicht die einzigen Menschen, mit denen er Kontakt hat. Sie könnten ihm in dieser schwierigen Zeit Gesellschaft, Verständnis und Unterstützung bieten.
Wie viele Betroffene hat Paul möglicherweise Angst und ist nervös über seine Erfahrungen zu sprechen. Paul erkennt seine Erfahrungen möglicherweise nicht als häusliche Gewalt. Er weiß vielleicht nur, dass etwas nicht stimmt. Wenn er zum ersten Mal darüber spricht, ist dies ein wichtiger Schritt, um das Schweigen und die Scham zu durchbrechen und Unterstützung zu suchen. Opfer schätzen oft einfühlsames Zuhören und praktische Hilfe. Paul weiß das Gesprächsangebot seines Kollegen vielleicht zu schätzen, der ihn zum Reden ermutigt, obwohl Paul gesagt hat, dass es ihm „gut“ gehe. Sein Kollege kann Empathie und Verständnis zeigen, während er zuhört und behutsame Fragen stellt. Indem er Pauls Entscheidungen respektiert und sich seinem Tempo anpasst, kann er Paul ein Gefühl von Kontrolle zurückgeben. Sein Kollege kann Paul unterstützen, indem er ihm praktische Hilfe anbietet und ihn über Ressourcen am Arbeitsplatz und externe Hilfsstellen informiert – es ist Pauls Entscheidung, ob er die verfügbare Unterstützung in Anspruch nehmen möchte. Das Angebot, das Gespräch fortzusetzen, bekräftigt seine Unterstützung und gibt Paul die Gewissheit, dass Hilfe verfügbar ist, wenn er dazu bereit ist.
Pauls Kollege macht sich vielleicht Sorgen, dass er etwas Falsches sagen könnte, aber eine unterstützende Reaktion muss nicht perfekt sein. Während ihres Gesprächs kann Pauls Kollege wichtige Botschaften vermitteln: Paul ist wichtig, er glaubt Paul, die Gewalt ist nicht Pauls Schuld und er möchte helfen. Indem er sich auf Pauls Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse konzentriert, kann er eine unterstützende Umgebung schaffen. Wenn sein Kollege vermutet, dass etwas nicht stimmt, Paul sich aber nicht von selbst geöffnet hat, kann sein Kollege in einer privaten Umgebung das Gespräch suchen. Er sollte dies behutsam und ohne Vorurteile angehen. Eine allgemeine Frage wie „Ich habe dich schon länger nicht mehr gesehen, wie geht es dir?“ kann Paul dazu ermutigen, sich zu öffnen. Er könnte auch behutsam auf Veränderungen in Pauls Verhalten hinweisen, z. B. „Ich habe bemerkt, dass du gestresst aussiehst; ist alles in Ordnung?“ Dieser Ansatz fördert das Vertrauen und öffnet Paul die Tür, um über seine Erfahrungen zu sprechen.
Wenn Paul seinem Kollegen erzählt, dass er ernsthaft gefährdet oder in Lebensgefahr ist, müsste sein Kollege die Schweigepflicht brechen und seine Bedenken weiterleiten, damit andere Stellen (und möglicherweise die Polizei) involviert werden. In solchen Situationen kann die Schweigepflicht gebrochen werden, um Leben zu retten.